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Gift, Jón Atli Jónasson, S. Fischer
Gift (seit Oktober 2025) setzt die Reihe um Dora und Rado eindrucksvoll fort und zeigt, wie konsequent Jónasson seine Figuren weiterentwickelt. Der brutale Fund von Blut, das sich auf einem Lavafeld vor Reykjavík über die Straße ergießt, bildet den schaurigen Auftakt zu einem Fall, der rasch an Komplexität gewinnt. Kurz darauf taucht in einem Filmstudio eine grausam zugerichtete Leiche auf – und Chefkommissar Elliði vertraut die Ermittlungen einmal mehr den beiden an, die beweisen müssen, dass sie trotz persönlicher Dämonen funktionieren können. Dora kämpft inzwischen offen mit einer Schmerzmittelabhängigkeit, die sie verwundbar macht und ihren ohnehin schwierigen Alltag zusätzlich belastet. Rado hingegen wird von den Schatten seiner Vergangenheit eingeholt. Während sich ein tödliches Gift im Land ausbreitet, geraten beide immer tiefer in ein Netz aus Lügen, Verrat und moralischen Grenzüberschreitungen.
Der Band überzeugt als atmosphärisch dichter, düsterer Thriller, der nicht nur auf die äußere Spannung setzt, sondern vor allem auf die innere Zerrissenheit seiner Ermittler. Dora und Rado wirken hier noch menschlicher, noch dreidimensionaler – Figuren, an denen man sich festlesen möchte. Eine hervorragende Fortsetzung, die zeigt, welches Potenzial in dieser Reihe steckt.
254 Seiten | ISBN: 978-3-651-00135-0
Mit Schmerz (seit Februar 2025) legt Jón Atli Jónasson den starken Auftakt seiner Reihe um das ungewöhnliche Ermittlerduo Dora und Rado vor. Der Fall beginnt mit dem Verschwinden eines Teenagers im Thingvellir-Nationalpark – ein einsamer, zugleich majestätischer Schauplatz, an dem die Spannung sofort greifbar wird. Dora, eigentlich aufgrund einer Hirnverletzung für den Innendienst vorgesehen, wird plötzlich wieder in den aktiven Einsatz gezogen. Ihre Verletzlichkeit und ihr Wille, trotz der eigenen Grenzen zu funktionieren, machen sie zu einer eindrucksvollen Figur.
An ihrer Seite arbeitet Rado, ein Polizist mit serbischen Wurzeln und einem familiären Hintergrund, der ihn immer wieder an moralische und persönliche Grenzen bringt. Zwischen beiden entwickelt sich eine dynamische, manchmal kantige, aber stets glaubwürdige Zusammenarbeit, die den Kern dieses ersten Bandes bildet. Jónasson verbindet klassischen Nordic Noir mit gesellschaftlichen Themen und zeichnet ein Island im Wandel – atmosphärisch dicht, mit überraschenden Wendungen bis zum Schluss. Ein packender Reihenauftakt, der Lust auf mehr macht und das ungleiche Duo sofort ans Herz wachsen lässt.
Jón Atli Jónasson bestätigt mit beiden Bänden seine Stärke im Bereich des Nordic Noir: psychologisch vielschichtige Figuren, eine bitterkalte Atmosphäre, gesellschaftliche Themen und Spannung, die bis zum Schluss trägt. Dora und Rado sind ein ungewöhnliches, zutiefst menschliches Ermittlerduo, dessen weitere Fälle man mit Spannung erwartet.
Bilder: Privat (4)
11.2025
